Mit diesem Beitrag möchte ich dir dabei helfen, unrealistische Ansprüche in deiner Elternschaft loszulassen und realistische zu finden, ohne dein Kind zu vernachlässigen. Ich gehe dafür sowohl auf einige wissenschaftliche Erkenntnisse zu diesem Thema ein als auch auf einzelne unrealistische Ansprüche, die du loslassen darfst.

 

Wissen über eine bindungs- und bedürfnisorientierte Elternschaft kann Druck auslösen

Neulich habe ich mich mit meiner Doktormutter darüber unterhalten, wie sich über die Zeiten früher und heute Elternschaft verändert hat.
Sie ist seit so vielen Jahren in der Forschung und erinnert sich noch gut an die Zeiten, in denen die ersten beiden Jahre die sogenannten “dummen” Jahre waren. In dieser Zeit lief das Baby halt so mit und keiner hat sich groß Gedanken darüber gemacht, ob dem Kind durch irgendein Verhalten geschadet werden könnte.

Heute ist das anders:

  • Der aktuelle Forschungsstand zeigt, wie wichtig gerade diese beiden Jahre sind, um dem Kind Urvertrauen zu vermitteln. Das Wissen ist essentiell und wichtig.
  • Weiterhin wissen Eltern inzwischen oft sehr genau, wie wichtig es ist, prompt auf die Bedürfnisse von Kindern in dieser Zeit zu reagieren. Dieses Wissen kann Druck auslösen!
  • All dieses Wissen führt zu einer sogenannten “Intensivierung der Elternschaft”. Es ist also heute weitaus anspruchsvoller, intensiver und anstrengender Elternschaft zu leben.

Durch all das Wissen machen sich Eltern “gedanklichen Druck”, sie haben große Angst etwas falsch zu machen. Diese Angst und Unsicherheit kann zu starker Erschöpfung führen.

Hinzu kommt, dass das sogenannte “Dorf”, das Eltern und Kinder früher häufig hatten in vielen Familien, wegfällt. Die Erfahrungen und Unterstützung von Omas & Opas, Großtanten & Großonkels sind nicht mehr direkt greifbar.

 

Der “gedankliche Druck” von Eltern heutzutage: deine unrealistischen Ansprüche

Kennst du das, was du als Mama/Papa alles tun “sollst”? Vielleicht hast du auch einige der folgenden Ansprüche an dich als Mama/Papa:

1. immer schön geduldig reagieren und vor den Kinder ja nie genervt reagieren.
2. sofort auf die Bedürfnisse deiner 1 bis 4 Kinder reagieren.
3. für gesunder Ernährung sorgen.
4. Ordnung vorleben.
5. genügend Sport treiben und in Form bleiben.
6. für ein ausreichendes Förderangebot sorgen.
4. eine schöne selbstgebackene Geburtstagstorte vorbereiten.
5. dich um dein Sexleben und deine Partnerschaft kümmern.
6. dein Kind soll schön brav am Tisch sitzen bleiben und Benehmen zeigen.
usw…

Reflektiere mal, welche Ansprüche du dir auferlegst, obwohl du sie loslassen dürftest.

Im Folgenden werde ich auf vier unrealistische Ansprüche eingehen, die mir in meinen Beratungen immer wieder genannt werden, und dir einige Impulse mitgeben, wie du mit ihnen umgehen kannst.

 

Anspruch #1:
“Ich muss sofort auf den Wunsch meines Kindes reagieren!”

KENNST DU DIESEN ANSPRUCH?

Hierzu habe ich ein paar Anregungen für dich, damit dieser Anspruch “realistisch” bleibt:

1. Achte viel mehr darauf, was dein Kind BRAUCHT, und nicht darauf, was es WILL. Achte vorausschauend darauf und du beugst vielen Wutausbrüchen vor.

2. Reagiere SOFORT, wenn dein Kind wirklich in Not ist und sei für es da. Solltest du jedoch gerade am Kochen sein und dein Kind möchte währenddessen Aufmerksamkeit, begleite seinen leichten Frust auch gerne mal einfach nur liebevoll mit deiner Stimme und probiere aus, ob es sich auch so beruhigt, ohne dass du ständig deine Tätigkeit unterbrichst.
(Achtung: hier bitte altersadäquat individuell anpassen. Gerade ein Säugling braucht die körperliche Nähe durch Tragen trotzdem).

3. Lass dein Kind bei DEINEN Tätigkeiten mitmachen, anstatt den ganzen Tag nach den Wünschen des Kindes zu richten. Schau darauf, dass bei deinen Tätigkeiten kindliche Bedürfnisse befriedigt werden (Bsp. Mithelfen in der Küche => Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit).

4. Gehe immer wieder Kompromisse ein, stelle deinem Kind gleichzeitig nicht zu viele Fragen, sondern mach lieber Ansagen, was ihr nacheinander vorhabt und plant. Oft sind Kinder von den vielen Fragen überfordert. Dadurch werden sie überschätzt. Biete z.B. 2 Auswahlmöglichkeiten an.

5. Zeige klar deine inneren Grenzen, wenn dein Kind durch sein Verhalten gegen einen wichtigen Wert verstößt. Zeige deinem Kind: “Dein Gefühl darf sein. Gleichzeitig finden wir andere Wege mit dem Gefühl umzugehen.”

Mit diesen Anregungen kannst du mit dem Anspruch “Ich muss sofort auf den Wunsch meines Kindes reagieren!” realistisch umgehen.

 

Anspruch #2:
“Ich muss mich gleichzeitig perfekt um meine Partnerschaft kümmern!”

DIE PAARBEZIEHUNG IST TATSÄCHLICH WICHTIG, AUCH FÜR DIE ENTWICKLUNG DEINES KINDES.

Vielleicht hilft dir diese Haltung, damit du weniger Druck empfindest:

1. “ Es ist in Ordnung, dass für einige Jahre die Kinder an der ersten Stelle stehen. Gleichzeitig sorgen wir dafür, dass wir uns konsequent Raum für uns nehmen.“

2. “Es ist in Ordnung, dass unser Sexleben nicht mehr das ist, was es mal war. Wir akzeptieren, dass es sich verändert hat und kümmern uns gleichzeitig darum, dass sich beide damit wohl fühlen können.“ (Bsp. Raum für Sexualität einplanen)

3. “Es ist in Ordnung, dass ich meine Kinder am liebsten immer dabei hätte, auch wenn mein Partner mich “für sich” haben will. Gleichzeitig versuche ich ihm diesen Raum einzuräumen, weil es wichtig für uns ist.“

Diese Haltung wird dir dabei helfen, weniger Druck zu empfinden, und auch bei diesem Anspruch realistisch zu bleiben.

 

Anspruch #3:
“Ich muss die ganze Verantwortung übernehmen!”

Kinderlose Menschen können nach der Arbeit Verantwortung loslassen und abgeben. Du als Mama oder Papa bist dauerhaft unter einem großen “Verantwortungsdruck”, weil deine Kinder von dir abhängig sind.

Selbst wenn du dir mal “Zeit für dich” nimmst, bist du in Gedanken nie völlig frei von Verantwortung. Diese Verantwortung ist für deine Kinder enorm wichtig, gleichzeitig darfst du diese Verantwortung vielleicht an anderen Stellen mehr und mehr abgeben.
Indem du an anderen Stellen Verantwortung abgibst, übernimmst du Verantwortung für dich und dein Kind.

Ein paar Fragen und Beispiele:
• Ist es nötig, dass du trotz Elternschaft weiterhin die Geschenke für den gesamten Freundeskreis organisierst?
• Ist es nötig, dass du trotz Elternschaft weiterhin alle Essen ausrichtest und zu jedem Geburtstag einen Kuchen backst?
• Ist es nötig, dass du auch noch für deine(n) PartnerIn mitdenkst oder schafft er/sie das auch mehr und mehr alleine?

Reflektiere gerne über Folgendes: Worin/Wobei hast du gelernt, Verantwortung abzugeben?

So lernst du, auch mit dem Anspruch “Ich muss die ganze Verantwortung übernehmen!” und dem großen “Verantwortungsdruck” besser umzugehen.

 

Anspruch #4:
“Ich muss JEDEM gefallen!”

Das, was ich dir sagen will weißt du ohnehin schon.
ES IST SCHEIßEGAL, WAS ANDERE VON DIR DENKEN!

Doch mal ganz ehrlich. Wem ist das wirklich egal? Mir ist es auf jeden Fall nicht egal und ich bewundere Menschen, die diese Haltung wirklich schon verinnerlicht haben.

Es ist ein menschliches Bedürfnis sich einer Gruppe zugehörig zu fühlen und von anderen Menschen angenommen zu werden. Deshalb machen wir uns so viele Gedanken darüber.
Gerade in der Elternschaft wird dieses Thema besonders groß, weil NACH AUßEN oft alles so aussieht, als würde es bei anderen viel besser laufen.

Fragst du dich manchmal auch:

Was könnte meine Freundin denken, wenn das ganze Spielzeug rumliegt?
Was könnte die Lehrerin denken, wenn mein Kind kein Gemüse in der Brotzeitbox hat?
Was denken die Schwiegereltern, wenn ich keinen Kuchen mitbringe?

Ich wünsche mir von Herzen, dass du über dieses Bewusstsein mehr Vertrauen in dich selbst findest.

Ich wünsche mir für dich, dass du dich annehmen kannst und darüber lächeln kannst, DASS ES DIR WICHTIG IST, WIE ANDERE ÜBER DICH DENKEN.
Nimm dich an, so wie du bist und steh zu dir als Mama/Papa mit all deinen Gefühlen.

 

Zum Abschluss ein Zitat, was deine Situation vielleicht ganz gut beschreibt

 

“Ich war eine perfekte Mama, bis ich selbst Mama wurde.”

 

Dieses Zitat habe ich neulich auf einer Karte gelesen und schallend gelacht.
“Also, wenn ich mal Kinder habe, dann mache ich das anders….!”
Vielleicht hast du selbst das sogar gesagt und weißt jetzt erst, dass Theorie und Praxis sehr weit auseinander liegen.

Dein Kind triggert dich an den unangenehmsten Stellen!
Dein Kind hilft dir darüber gleichzeitig auch, dir selbst näher zu kommen und alte Wunden zu heilen!
Dein Kind schenkt dir die Möglichkeit, dass du selber genauer hinschaust, welche ANSPRÜCHE du loslassen darfst.
Dein Kind hilft dir dabei, alte Muster zu erkennen und mehr und mehr das Leben zu leben, das DIR entspricht.
Dein Kind treibt dich vielleicht soweit, dass du dir ENDLICH erlaubst, Hilfe von außen anzunehmen.

Ich wünsche mir von Herzen, dass du diese Chance der Elternschaft immer wieder spüren darfst.
Es lohnt sich, nicht wegzuschauen, sondern genau hinzuschauen, was du selbst in deiner Elternschaft brauchst!

Ach ja, und das letzte, was du brauchst sind UNREALISTISCHE & VIEL ZU HOCH GESTECKTE ANSPRÜCHE!
TRAU DICH LOSZULASSEN, auch von Menschen, die “vorgeben” perfekt zu sein. Auch das setzt dich unter Druck.

>>Hier ist noch ein Video von mir zum Thema „Mit Schuldgefühlen umgehen“

 

Schreib mit gerne in den Kommentaren:

AUF WELCHE UNREALISTISCHEN ANSPRÜCHE MÖCHTEST DU AUF JEDEN FALL IN ZUKUNFT VERZICHTEN?

 
Du möchtest konkrete Strategien lernen, dein Kind in jeder Entwicklungsphase bindungsorientiert zu begleiten? Dann melde dich gerne für meinen großen Bindungskurs an. Hier bekommst du alle Infos:

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