Dieses Thema liegt mir ganz besonders am Herzen, weil ich selbst täglich erfahre, wie sehr ein Leben in Achtsamkeit unsere emotionale Gesundheit und die emotionale Gesundheit unserer Kinder fördert. Ich wünsche mir für alle Erwachsenen und Kinder ein Alltag, der entschleunigter und bewusster gelebt werden kann. In unserer heutigen Gesellschaft bedarf es etwas Bewusstsein, um nicht im Strom der Ruhelosen mitzuschwimmen. Ich möchte deshalb etwas Bewusstsein schaffen und aufzeigen, wie es uns gelingen kann gegen diesen Strom zu schwimmen. Hierzu möchte ich euch erzählen aus meinem Alltag mit Kindern und Euch konkrete Anregungen für den Familienalltag geben.
Achtsamkeit ist für mich eine Lebenseinstellung, eine innere Haltung und ein Wert, der mich im Leben begleitet und den ich im Umgang mit Kindern als dringend notwendig erachte.
Es ist meine Überzeugung, dass wir Kindern beibringen können, wie sie gut auf sich selbst, ihren Körper und ihre Seele achten können.
Ich sehe es als meine Verantwortung, Kinder so zu begleiten, dass sie unserer Leistungsgesellschaft und deren Anforderungen begegnen können.
Ich sehe es als meine Aufgabe, Kinder aufzuzeigen, wie sie ihre Gefühle und Bedürfnisse achtsam wahrnehmen und äußern können.
Ich sehe es als unverzichtbaren Bildungsauftrag, Kindern zu vermitteln, wie sie achtsam mit sich selbst und ihren Mitmenschen umgehen können.
Ich möchte Kindern so begleiten, dass sie nicht immer nur auf ein Ziel hinarbeiten, um dann zufrieden und glücklich zu sein. Ich möchte sie so begleiten, dass sie auf dem Weg zu ihrem ganz persönlichen Ziel erfüllt und verbunden mit sich selbst und ihren Gefühlen sind.
Ich möchte ihnen zeigen, dass Achtsamkeit bedeutet, Gedanken über sich selbst und andere achtsam zu pflegen, wie eine zarte Blume, die gerade heranwächst.
Hierfür sind wir Erwachsene, Erzieher, Lehrer und Eltern Vorbilder und Leuchttürme. Hierfür dürfen wir uns selbst weiterentwickeln, um unsere Kinder liebevoll begleiten und stärken zu können.
Deshalb möchte ich diese Woche das Thema Achtsamkeit hier aufgreifen und zahlreiche praktisch Anregungen für den Schul- und Familienalltag bieten.
ACHTAMKEIT IN MEINEM SCHULALLTAG MIT KINDERN:
Ich liebe meinen Beruf, durch den ich wöchentlich Kindern in unterschiedlichsten Entwicklungsphasen begegnen darf. Mein für mich oberstes Ziel dabei, ist für Kinder in diesen Momenten voller Achtsamkeit da zu sein.
Mit steigendem Arbeitspensum spürte ich an einigen Tagen Stress, Druck und Unruhe. Mir wurde dadurch bewusst, dass ich an meiner Tagesstruktur etwas verändern darf, um regelmäßig entschleunigen zu können.
Inzwischen habe ich mir meinen Alltag so eingerichtet, dass ich mich durch ganz bewusste Rituale regelmäßig entschleunige, in Momenten verweile und einfach versuche nur zu SEIN. Diese Haltung begleitet mich über den Tag und dadurch gelingt es mir zunehmend besser, wirklich im HIER und JETZT mit mir allein und mit Menschen, die mich umgeben zu sein.
Ich spüre, dass ich durch diese innere Haltung und Lebenseinstellung im Umgang mit mir selbst liebevoller und weicher geworden bin und dies somit auch mit Kindern, Kollegen, Eltern und meiner Familie sein kann.
Mein Berufsalltag beginnt durch eine gemütliche Fahrt mit dem Fahrrad in die Schule zum schönen Schloss Nymphenburg und ich versuche mich während dieser Fahrt ganz bewusst darauf einzulassen, dass es meine Zeit ist und ich ganz bei mir sein darf. Ich darf meinen Körper wahrnehmen, meine Gefühle zulassen (Müdigkeit, Aufregung, Vorfreude), die gute frische Morgenluft genießen und die ganzen Orte und Plätze in ihrer Schönheit bewusst wahrnehmen. Dieser Moment gehört am Morgen ganz allein mir.
Sobald ich das Schulhaus betrete, haben meine Lieblingskolleginnen und ich uns vorgenommen uns ganz bewusst mit einer liebevollen Umarmung zu begrüßen. Wir nennen es inzwischen „Umarmungsmeditation!“ und schenken uns hier gegenseitig Wertschätzung für einen guten Start in den Tag.
Mit einem guten Filterkaffee betrete ich dann voller Dankbarkeit für so ein schönes Reich das Klassenzimmer, öffne die Fenster und genieße den Blick auf den Kanal und die Bäume. Das dauert sicher nur 1 Minute, ist für mich allerdings nicht mehr wegzudenken.
Wenn dann schließlich die Kinder ins Klassenzimmer stürmen, versuche ich einfach nur für sie DA zu sein. Wir begrüßen uns mit einem Lächeln und schauen uns dabei in die Augen und ich sage jedem Kind. In Begrüßungen kann so viel Achtsamkeit und Wertschätzung liegen.
Wenn es klingelt setzen sich alle Kinder an ihren Platz schließen die Augen und hören für wenige Minuten einfach nur auf ihren Atem, auf das Vogelgezwitscher, auf ihre Gefühle. Manchmal spreche ich dazu und leite die Kinder an. Nach dieser Übung berühre ich die Kinder mit einer Feder leicht am Nacken und sie dürfen ganz leise in den Sitzkreis kommen.
Dort angekommen beginnen wir mit einem Begrüßungslied, zünden eine Kerze an und sprechen zuerst über unsere Gefühle und über das, was uns am Morgen bewegt, über das, was wir gespürt haben als wir unsere Augen geschlossen haben, darüber wo unsere unterschiedlichen Gefühle im Körper wohnen und wie wir mit ihnen umgehen können.
Dieses Ritual ist für meine Kinder inzwischen so wichtig, dass sie es auch einfordern, wenn ich mal von einer anderen Lehrkraft vertreten werde.
Wichtig für Kinder ist es nach unseren Morgenritualen, zu wissen, was sie am Tag erwartet. Ich gebe ihnen deshalb einen groben Überblick über den Tag, um die Kinder achtsam darauf vorzubereiten, was sie erwartet.
Den gesamten Morgen rhythmisiere ich durch zahlreiche weitere Achtsamkeitsübungen.
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- Wir setzen Bodypercussion ein, um unseren Körper wieder besser zu spüren
- Fantasiereisen
- Trommeln und Musik mit Instrumenten
- Singen, Tanzen und Bewegungsübungen
- Körperwahrnehmungsübungen
- Gefühle äußern und annehmen
- Achtsame und gewaltfreie Kommunikation
- Rollenspiele, in denen Empathie angebahnt wird
- Glaubenssätze vor Proben („Ich schaffe das!“ „Ich kann das!“ „Ich mache das so gut, wie ich kann!“, „Ich vertraue mir!“, „Ich habe Vertrauen!“)
- Begrüßungsritual, Verabschiedungsritual, Probenritual, Geburtstagsritual, Montagsritual, Freitagsritual
- Zuhören lernen und aktiv zuhören durch Nachfragen
- Wertschätzung lernen durch sprachliche Bildung
- Achtsames gemeinsames Essen vor der Pause
- Rückzugsmöglichkeiten schaffen
Nicht nur Kinder mit ADHS, Lernschwierigkeiten, Konzentrationsproblemen etc. brauchen diese Achtsamkeit in der Schule. Alle Kinder profitieren von diesem Umgang. Wenn ich Lehrer im Rahmen meiner schulpsychologischen Tätigkeit berate, erkenne ich häufig, dass Kindern in der Schule zu wenig Ruhe, zu wenig Pause und zu wenig Entschleunigung ermöglicht wird. Dagegen herrscht Zeit- und Notendruck, der schon in der Kindheit dazu führt, dass Kinder dauerhaft unter einem Adrenalinrausch leiden, der dauerhaft sehr schädlich ist.
Bewegung ist sehr wichtig, jedoch auch ruhige Übungen, die sehr energetische Kinder zur Ruhe bringen sind dann von Vorteil.
Kinder brauchen mehr Ruhe als uns Erwachsenen bewusst ist und wir dürfen sie begleiten dabei, dieses Bedürfnis wahrzunehmen und ihnen dabei helfen es zunehmend selbst zu befriedigen.
Du möchtest konkrete Strategien lernen, dein Kind in jeder Entwicklungsphase bindungsorientiert zu begleiten? Dann melde dich gerne für meinen großen Bindungskurs an. Hier bekommst du alle Infos:
Liebe Martina!
Ich bin Kindergartenpädagogin in Österreich und durch Kathy Weber auf dich aufmerksam geworden. Sehr gerne schaue ich mir die Impulse der Konfliktengel an und versuche sie im Kindergarten umzusetzen. Ich möchte euch auf diesem Weg für eure tolle Arbeit danken!
Nun melde ich mich aber mit einem persönlichen Anliegen:
Mein Neffe (Moritz, bald 9 Jahre alt, dritte Klasse) wurde mit gerade 6 Jahren eingeschult und ist der Jüngste in der Klasse. Schon zu Beginn der Schulzeit war es etwas schwierig ihn zu seinen Hausübungen zu bewegen (v.A. Schreiben) oder lesen zu üben, obwohl er grundsätzlich ein sehr neugieriges und interessiertes Kind ist. Die Hausaufgabensituation hat sich wenig verändert und wurde mit der Zeit noch angespannter, da die Anforderungen jährlich größer werden und er am Wochenende oft Dinge nachholen muss, die er in der Schule nicht geschafft hat. Dies hat vor allem den Grund, dass in der Schule mit Wochenplänen und sehr viel eigenständigem Lernen gearbeitet wird, was für ihn eine große Herausforderung ist (lässt sich leicht ablenken, braucht länger als andere Kinder).
Zur Lebenssituation ist zu sagen, dass Moritz in einem Hotelbetrieb aufwächst und seine Eltern während der Winter- und Sommersaison ziemlich eingespannt sind. Da in dieser Zeit die Arbeit den Familienalltag dominiert, sind sie sehr darum bemüht z.B. durch gemeinsames Mittagessen einen möglichst geregelten Tagesablauf zu schaffen. Zeit für Hausaufgaben besteht am Nachmittag, die er mit einem Elternteil oder der Oma erledigt. Abends werden sein jüngerer Bruder (fast 7 Jahre alt) und er von seiner Oma, die im selben Haus wohnt, ins Bett gebracht. Die Wochenenden verbringen sie meist bei den anderen Großeltern, die etwa eine halbe Stunde Autofahrt entfernt wohnen.
Moritz wird möglichst ohne Zwang und mit viel Freiraum erzogen. Die Eltern nehmen seine Gefühle ernst und sprechen sehr viel über die Situation. Ich würde Moritz als sehr sensibles und gefühlsstarkes Kind beschreiben. Er ist zudem sehr aktiv und kann nicht lange ruhig sitzen. Dem Bewegungsdrang kann aber durch wöchentliches Turnen, Skitraining und einen großes Garten gut nachgekommen werden. Es wurden schon verschiedene Strategien ausprobiert, um das Erledigen der Hausaufgaben entspannter zu gestalten
– z.B. während Corona (Hotel geschlossen und Eltern haben Zeit) konnte sich Moritz die Tageszeit frei wählen, woraufhin er die Hausaufgaben meist aber so weit wie nur möglich hinausgeschoben hat
– Moritz konnte sich selber einen Plan erstellen, den er aber (natürlich mit elterlicher Unterstützung) nicht einhalten konnte
– die Eltern haben einen fixen Zeitraum des Tages bestimmt, der aber durch Moritz‘ Widerstand nicht immer eingehalten werden konnte; …
Mit viel Protest schaffen sie es zwar täglich die Hausübungen zu machen, jedoch muss es doch eine kooperativere Herangehensweise dafür geben!?
Hinzu kommt noch, dass das tägliche Schreiben als feinmotorische Übung für ihn meines Erachtens sehr wichtig wäre, da er seine Schrift oft selbst nicht lesen kann und dies beispielsweise auch bei Rechenaufgaben zu Folgefehlern führt.
Im Herbst wird sein jüngerer Bruder eingeschult, der dann schon 7 Jahre alt ist und es kaum erwarten kann in die Schule zu gehen („übt“ schon länger freiwillig Schwungübungen etc. in Vorschulheften). Ich kann mir vorstellen, dass sein Bruder einen wesentlich leichteren Schulstart hat als Moritz. Dahingehend frage ich mich, ob dies Moritz noch mehr demotivieren könnte oder ob die Situation auch entlastend wirken könnte, da nun beide Hausübungen zu erledigen haben.
Vielen Dank für Deine Hilfe!
Herzliche Grüße
Veronika
Liebe Veronika, verzeih die späte Antwort. Bist du so lieb und schreibst mir nochmal eine E-Mail, falls du dir eine Beratung wünscht? Ich kann leider keine E-Mail Beratung anbieten. Versucht herauszufinden, was ihm fehlt und was er braucht, damit es ihm wieder leichter fällt.
Wichtig ist zunächst, die emotionale Stabilität. Wenn er sich nicht wohl fühlt, kann er sich auch nicht konzentrieren.
Gerade gibt es auch eine Themenwoche bei Instagram bei mir, die hier helfen könnte.