Vielleicht geht es dir auch so wie vielen Eltern, die zu mir in die Beratung kommen. Du hast bereits zahlreiche Erziehungsratgeber gelesen, Onlinekurse besucht und tauscht dich mit Freundinnen oder Freunden regelmäßig über das Thema Kindererziehung aus.

Zunächst möchte ich dich dafür feiern, dass du diesen Weg gehst, weil dieser Weg Auseinandersetzung mit sich selbst erfordert und du viel Zeit und Energie darin investierst, alles richtig zu machen.

All dein Wissen hat allerdings auch eine Kehrseite, die dich im Alltag vielleicht immer wieder blockiert. Gerade WEIL du alles weißt, kann es passieren, dass du dich umso mehr verurteilst, wenn du einmal etwas nicht so geschafft hast, wie es in Buch xy steht oder wie die Erziehungsexpertin es dir empfohlen hat. Denn all die Strategien klappen manchmal einfach nicht.

Gedanken wie: „Ich müsste es doch besser wissen!“, „Ich habe es wieder nicht geschafft, ruhig zu bleiben.“, „Ich habe mein Kind für immer geschädigt!“ belasten dann deinen Alltag und nehmen dir selbst und deiner Familie die Leichtigkeit und Gelassenheit.

In diesem Blogartikel möchte ich dich deshalb ein klein wenig beruhigen und dir den Druck nehmen, alles immer perfekt und „richtig machen“ zu müssen.

Denn Kinder brauchen keine Eltern, die perfekte Erziehungsexpert*innen sind, Kinder brauchen Eltern, die im Moment eines Konflikts ins Fühlen und in die Einfühlung kommen, und diese Einfühlung beginnt immer zunächst bei dir selbst.

Wenn du nämlich von Gedanken wie gerade beschrieben gequält wirst, kommst du nicht in die Selbsteinfühlung und darüber genauso wenig in die Einfühlung für dein Kind.

Deshalb habe ich ein paar ganz praktische Tipps, wie du mit dem großen Druck, alles richtig machen zu müssen – weil du es ja wissen müsstest – umgehen kannst.

Darüber hoffe ich, dass dein schlechtes Gewissen etwas leichter wird und du Schuldgefühle mehr und mehr hinter dir lassen kannst.

 

1) Erlaube dir, dass manche Konflikte nicht SOFORT gelöst werden können

Mit Kindern gibt es einfach immer wieder nicht SOFORT eine passende Lösung. Du erkennst vielleicht erst hinterher, welches Bedürfnis bei deinem Kind gerade nicht erfüllt war. Du setzt vielleicht die Grenze erst zu spät und schaffst es darüber nicht, mit Engelszungen eine Grenze zu zeigen. Vielleicht bist du selbst einfach zu müde und erschöpft und gar nicht mehr in der Lage, die Leitung oder Führung zu übernehmen. Solche Tage gibt es und du darfst dir solche Tage auch erlauben. Ausreichend ist nach solchen Situationen, in die Selbstreflexion zu gehen und mit BLICK IN DIE ZUKUNFT darüber nachzudenken, was genau du an deinem Verhalten verändern möchtest.

 

2) Finde heraus, welche Angst hinter deinem schlechten Gewissen und den Schuldgefühlen steht

Schuld und ein schlechtes Gewissen sind keine Gefühle. Finde deshalb gerne heraus, welche Angst oder welche Sorge sich hinter der Schuld/dem schlechten Gewissen versteckt. Ganz oft erarbeite ich mit Eltern in Beratungen z.B. folgende Ängste:

  • Die Angst davor, die Liebe der Kinder zu verlieren
  • Die Angst, zu versagen
  • Die Sorge, das Kind müsse sich so fühlen, wie man sich selbst in der Kindheit gefühlt hat

Sobald du deine Ängste ganz klar benennen und einordnen kannst, bist du auch in der Lage, objektiv auf diese Angst zu schauen. Stelle dir dann die Frage der Wahrscheinlichkeit, indem du aus der Vogelperspektive auf deine Angst schaust:

  1.     Wie wahrscheinlich ist es, dass dein Kind dich nicht mehr liebt, wenn du einmal ungeduldig reagiert hast?
  2.     Ist es wirklich wahr, dass du versagt hast, wenn du einen der 5 Wutausbrüche an diesem Tag nicht liebevoll begleitet hast?
  3.     Ist die Sorge begründet, dass dein Kind schlimme Erfahrungen durch dein Verhalten macht? Was würden Menschen in deinem Umfeld dazu sagen, die dich im Umgang mit deinem Kind beobachten?

Wenn du diese Fragen beantwortest, erkennst du bereits, warum deine Angst zwar in deiner Kindheit begründet ihre Berechtigung hat, sie jedoch mit deiner jetzigen Situation als Mama/Papa wenig zu tun hat. Bei dieser Angst handelt es sich meistens um ein altes Gefühl aus deiner Kindheit, das extrem schnell ausgelöst wird.

 

3) Hinterfrage alte Glaubensüberzeugungen

Glaubensüberzeugungen aus deiner Kindheit, wie z.B.:

  •     Man muss alles perfekt machen!
  •     Man muss funktionieren!
  •     Man muss stark sein!
  •     Man darf keine Fehler machen!
  •     Da muss man halt durch!
  •     Man muss sich brav und angepasst verhalten!

… führen in deiner Elternschaft dazu, dass du dich viel schneller verurteilst als andere Eltern. Schau deswegen gerne darauf, welche Überzeugungen dir in deiner Kindheit vermittelt wurden, und kehre die Sätze in positive Überzeugungen um.

Wenn du wieder dein schlechtes Gewissen spürst, sage dir diese Sätze wie ein Mantra auf und schau, wie sich darüber deine Gefühle verändern. Du kannst dir die Sätze auch aufschreiben und an den Kühlschrank hängen.

Stärkende Glaubenssätze für Eltern können z.B. sein:

  •     Ich darf später eine Lösung finden.
  •     Ich darf mich jetzt erst kurz um mich kümmern.
  •     Ich darf alle Gefühle fühlen.
  •     Ich darf Fehler machen.
  •     Ich darf nach Unterstützung fragen.
  •     Ich darf für mich einstehen und Grenzen zeigen.

 

4) Bewahre das GROßE GANZE im Blick

Dein Kind macht tagtäglich Bindungserfahrungen mit dir und du ermöglichst im Großen und Ganzen positive Bindungserfahrungen.

Meistens erlebe ich Eltern in Beratungen, die erst ungeduldig werden, nachdem sie davor 5 mal liebevoll und geduldig reagiert haben.

Stell dir also gerne mal eine Waage vor und frage dich, ob dein Kind mehr negative oder mehr positive Beziehungserfahrungen mit dir macht.

Solltest du also im Großen und Ganzen dafür sorgen, dass dein Kind…

… sich willkommen und angenommen fühlt,

… sich mit seiner Meinung gesehen und gehört fühlt,

… körperliche und geistige Nähe von dir erfährt,

… sich bei starken Gefühlen begleitet fühlt,

… sich mit seinen Bedürfnissen ernst genommen fühlt,

… Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten erlernt und du ihm etwas zutraust,

… darfst du darauf vertrauen, dass dein Kind über deine Begleitung ein starkes Selbstwertgefühl entwickeln kann – auch wenn es eben Momente gibt, in denen du danach dein Verhalten bereust.

Es geht um das Große und Ganze und auch um deine Grundhaltung deinem Kind gegenüber.

 

5) Vorsicht: Überidentifikation

Abschließend möchte ich dich noch dafür sensibilisieren, deine eigenen Kindheitserfahrungen nicht auf dein Kind zu übertragen. Wenn du selbst viel zu wenig Schutz und Nähe in deiner Kindheit erfahren hast, besteht die Möglichkeit, dass du dein Kind durch zu viel Schutz und Nähe in seiner Entwicklung einengst, weil du vielleicht zu einer sogenannten Überidentifikation neigst.

Damit meine ich, dass du dich in Konfliktsituationen unbewusst selbst in deinem Kind siehst und es dir nicht gelingt, deine Gefühle von den Gefühlen deines Kindes abzugrenzen.

Ein Beispiel. Eine Mama, die ich bei der Eingewöhnung ihres Kindes begleite, hat selbst schlimme Trennungserfahrungen gemacht. Deshalb gelingt es ihr nur schwer, ihr Kind ohne schlechtes Gewissen in der KiTa abzugeben, obwohl alle äußeren Faktoren für das Kind in Ordnung sind. Das Kind beruhigt sich bei der neuen Bezugsperson innerhalb von kürzester Zeit und spielt mit anderen Kindern. Es weint zwar bei der Abgabe – als Zeichen des Trennungsschmerzes – doch hält diese Mama das Weinen des Kindes kaum aus, weil ihr eigener Schmerz ausgelöst wird.

Durch viele Übungen und die Arbeit mit dem inneren Kind konnte diese wunderbare Mama lernen, mit ihren eigenen Gefühlen umzugehen und darüber ihr Kind unterstützen, sich in der KiTa wohl zu fühlen.

Sie erkannte, dass sie sich in diesem Moment komplett mit ihrem Kind identifizierte und sie es davon abhielt, sich frei und selbstständig zu entwickeln.

Vielleicht hast auch du in deiner Elternschaft Trigger, die du auflösen und verstehen möchtest, um dein Kind dann durch sichere Strategien begleiten zu können. Bereits hunderten von Eltern habe ich all mein Wissen und meine Erfahrungen mit Kindern im großen Bindungskurs vermittelt.

Lerne durch diesen Onlinekurs viele bindungsorientierte Erziehungskompetenzen kennen und erfahre anhand zahlreicher praktischer Rollenspiele, wie du im Alltag in die Umsetzung kommst.

>>Hier geht’s zu mehr Infos und der Anmeldung

 

SCHREIB MIR GERNE IN DEN KOMMENTAREN: IN WELCHEN SITUATIONEN HAST DU DEIN SCHLECHTES GEWISSEN UND SCHULDGEFÜHLE?

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