Ab wann darf mein Kind Beikost zu sich nehmen? Soll mein Kind Brei essen oder nicht? Warum verweigert es den Brei? Ab wann ist mein Kind wirklich reif für Beikost?

Das Thema Beikost spielt für viele Eltern eine Rolle und tatsächlich können Eltern ihr Kind bereits im Babyalter dabei unterstützen, ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln.

Aus psychologischer Perspektive können Eltern Essstörungen vorbeugen, indem sie gut auf die Zeichen ihres Kindes hören und ein paar weitere Hintergründe kennen. Sie fördern dann durch den entsprechenden Umgang mit Essen die Freude am Essen und das Vertrauen ins Essen.  Darüber hinaus entwickelt sich darüber ein gesundes Körper- sowie Hungergefühl.

Unterschiedlichste Meinungen zum Thema Beikost, führen zu Unsicherheiten bei Eltern. Mir ist es wichtig, dass nicht auch noch hier zu viel Druck auf die Eltern aufgebaut wird.

Deshalb bin ich sehr glücklich darüber, dass ich Euch ein Interview von zwei erfahrenen Expertinnen zu diesem Thema vorstellen darf:
Diana Schwarz und Frauke Ludwig von @einfach_eltern, die auch das sehr empfehlenswerte Buch „Baby Basics“ geschrieben haben (siehe Link zur Leseprobe unten) im Interview:

 

1. Heute beginnen viele Eltern bereits ab dem vierten Monat mit Beikost. Woher kommt das?

Noch vor einigen Jahren begannen Mütter in Deutschland mit der Beikosteinführung, wenn ihr Nachwuchs etwa ein halbes Jahr alt war. Heute starten die meisten Eltern bereits nach vier Monaten. Diese Entwicklung ist auf eine Studie zurückzuführen. Ergebnisse daraus zeigen, dass es für Babys wesentlich besser ist, die Beikost einzuführen, solange noch gestillt wird. Die Muttermilch umspült dadurch die Beikost und schützt den Darm. Allergien kann so vorgebeugt werden. Darüber hinaus wird der Darm geschützt.

Da hierzulande nur noch 10% der Mütter die vollen sechs Monate stillen, wurde der Beikoststart nach vorne verschoben, damit die Chancen höher stehen, dass währenddessen noch gestillt wird.

Sollte man also noch über die vier Monate hinaus stillen, ist es nicht notwendig, über diese frühe Einführung der Beikost nachzudenken. Dann kann man sich ganz entspannt nach der Reife des Kindes richten.

2. Aus psychologischer Sicht, hat es viele Vorteile auf Breikost zu verzichten. Kinder lernen darüber schon sehr früh, in das was sie Essen Vertrauen zu haben und erleben sich beim Essen selbstwirksam. Was denkt ihr darüber?

Eigentlich war der Plan der Natur für das Kind, sich langsam an das Essen der Erwachsenen zu gewöhnen (eventuell mit etwas Hilfe wie dem Vorkauen) und nicht einen Umweg über eine ganz andere Kost zu nehmen. Was heutzutage stattfindet, ist keine Einführung von Beikost, sondern das Einführen einer völlig anderen Ernährungsform, bevor es dann an die eigentliche und richtige Ernährung geht. Was für ein Aufwand!

Die Sorge der Eltern, das Kind könnte bei all den Regeln, die die Industrie vorgibt, fehler- nährt werden, spielt selbiger natürlich in die Hände. Wer greift da nicht lieber zum Gläschen oder kocht brav Karotte und Pastinake, um auf Nummer sicher zu gehen. Im Übrigen essen Kinder, die von Beginn an die Lebensmittel in ihrer ursprünglichen Form kennenlernen, später oft auch lieber ihr Gemüse, weil sie es bereits kennen. Mit 2 Jahren beginnen sie sehr „wählerisch“ zu werden und trauen meist nur dem, was sie schon kennengelernt haben. Das ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus gewesen und hat den Kindern Jahrtausende lang das Überleben gesichert. Somit macht unser Umweg über Brei in vielerlei Hinsicht die weitere Esskultur schwierig.

3. Was sagt ihr zu dem Argument „Mein Baby hat ja aber noch keine Zähne“?

Wie viel Kieferkraft ein kleines Baby hat, wissen all jene Mamas, die schon mal von ihrem noch zahnlosen Baby gebissen wurden. Es ist natürlich wichtig, dass gewisse harte Nahrungsmittel, wie etwa Karotten, Kohlrabi und Äpfel, gedünstet oder gekocht werden. Das Essen sollte am Gaumen zerdrückt werden können, mehr braucht es nicht. Selbst Nudeln können die Kleinen mit acht bis neun Monaten meist sehr gut zerkauen.

4. Ihr beschreibt in euerm Buch ein sehr treffendes Experiment, in welchem wir uns von unserem Partner mit Brei füttern lassen sollen. Ich habe sehr gelacht, als ich das gelesen habe, weil dadurch so viel deutlich wird.

Absolut. Zum einen wollen Kinder sich nicht überraschen lassen, was sie gleich zu sich nehmen. Hinzu kommt, dass es einfach sehr schwer ist für Kinder, die Arme dabei am Körper zu lassen und nur den Mund zu öffnen. Das würde uns ja auch nicht anders gehen. Wenn der Brei dann an deinem Mund hängt, wird er auch noch liebevoll abgekratzt und nochmal in deinen Mund gesteckt. Etwas Empathie hilft, um zu verstehen, warum das so viele Kinder verweigern. Hinzu kommt, dass Kinder in diesem Alter auch meist völlig isoliert am Tisch und nicht mit den anderen essen. Somit isst oft auch die Mama nicht gemeinsam mit dem Baby, sondern oft erst danach, wodurch das Essen schon kalt geworden ist. Das muss nicht sein.

5. Eine breifreie Kost unterstützt gut dabei, ein gesundes Verhältnis zum Essen zu entwickeln? Welche Vorteile seht ihr darin?

Zunächst ist die breifreie Kost einfach entspannter für die Eltern, weil alle gemeinsam warm essen können und der Aufwand des Breikochens wegfällt. Hinzu kommt, dass das Baby die Lebensmittel dadurch wirklich kennenlernt. Durch das Kauen lernt es weiterhin mit unterschiedlichen Konsistenzen umzugehen. Das sieht am Anfang oft schlimm aus, weil der Würgereflex noch auf der Zungenmitte ist (wieder ein Schutzmechanismus) und die Kinder weit vor der Gefahrenzone das Würgen anfangen. Das ist aber wie beim Laufen lernen. Das Hinfallen gehört dazu!

6. Besonders wichtig finde ich noch, dass durch breifreie Kost bereits die Appetitkontrolle gefördert wird, was ja auch für den späteren Umgang mit Essen von großer Bedeutung ist. Liegt das daran, dass Kinder das Essen selbst zu sich nehmen?

Genau, wenn man Kinder weder nach Uhrzeit stillt noch füttert, sondern auf das Hunger- und Sättigungsgefühl achtet, dann behält das Kind dieses wichtige Körpergefühl bei. Wir haben auch nicht jeden Tag zur gleichen Zeit auf die gleiche Menge Appetit. Unsere Generation wurde ja meist mit Schmelzflocken und Brausauger gemästet und durch die Kriegserfahrungen unserer Großeltern war aufessen immer sehr wichtig. Da gerät viel durcheinander. „Weg von Zahlen ­– Blick aufs Kind“ ist unser Motto.

7. Ab wann würdet ihr ungefähr mit der natürlichen Beikost beginnen und auf welche Lebensmittel sollten Kinder aus eurer Sicht zunächst noch ganz verzichten?

Ganz wichtig: Wann es Zeit ist mit der Beikost zu beginnen entscheiden nicht wir, sondern unsere Kinder bzw. die Darmreife. Hierzu dienen die Beikostreifezeichen als Kriterium, die da lauten:

  • Der Zungenstreckreflex hat sich integriert
    Babys die noch nicht reif sind, schieben das essen mit der Zunge direkt wieder raus. Das ist das wichtigste Zeichen!
  • Das Baby kann sich mit wenig Unterstützung aufrecht halten
    Das Baby muss natürlich noch nicht sitzen können, aber es sollte sich auf dem Schoß halten können und nicht in sich zusammensacken.
  • Das Baby greift nach Essbarem und führt es sich selbst in den Mund
    Die Neugierde des Babys ist oft das einzige Zeichen, das Eltern beachten, allerdings sind Babys in diesem Alter im besten Fall generell neugierig und probieren auch Schlüssel und Schuhsolen, wenn man sie lässt. Neugierde ist wichtig, aber nicht das wichtigste Zeichen.
  • Ein weiteres Indiz: Das Baby kann sich vom Rücken auf den Bauch drehen.
    Tatsächlich ist die Verschaltung der Gehirnhälften wichtig, um auch die Zunge gut koordinieren zu können. Wenn das Baby sich allein drehen kann, ist dieser Reifeprozess vollzogen. Trotzdem müssen Babys das essen üben dürfen.

Vielen Dank für all die wichtigen Informationen in Kürze. In euerm Buch finden Eltern hierzu noch viel ausführlichere Tipps, die aus meiner Sicht dazu führen, dass Kinder auch emotional gesehen einen gesunden Umgang mit Essen lernen.

LINK ZUR LESEPROBE DES BUCHS BABYBASICS >>

 

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